In diesem Beitrag geht es um die Technik des Abmoosens. Mit dieser Technik möchte man einen überirdischen Pflanzenteil zur Ausbildung von Wurzeln anregen.
Warum will man einen Bonsai abmoosen?
So kann man eine Pflanze etwa von einem unschönen Wurzelballen abmoosen. An der Abmoosungsstelle bilden sich radiale Wurzeln, die mit der Zeit einen sehr schönen und flachen Wurzelansatz ergeben.
Oder man möchte z.B. an einem alten Baum oder Strauch einen schönen Ast abmoosen, um daraus einen Bonsai zu entwickeln.
Das Prinzip, wie funktioniert abmoosen
An der Stelle, an der die neuen Wurzeln entstehen sollen, wird rund um den Ast oder Stamm ein ca. 3-4 cm breiter Rindenstreifen entfernt. Die Rinde muss wirklich sorgfältig bis auf das Holz abgeschält werden, da vor allem das sog. Kambium entfernt werden muss. Danach wird dieser Streifen mit feuchtem Substrat umgeben. Das kann z.B. bei einem Ast ein Packen sein, den man aus einer Plastiktüte bastelt und mit Substrat füllt. Beim Abmoosen von Stämmen setzte ich die ganze Pflanze in einen tiefen Topf und fülle sie mit Substrat auf.
Beim Thema Substrat scheiden sich natürlich wieder die Geister. Die einen schwören auf reines Spaghnummoos, die nächsten haben ihren Wundermix. Ich selbst mache es mir einfach: Ich nehme Seramis oder gebrochenen Blähton. Das nehme ich auch als Substrat, fertig.
Was passiert ?
Durch den abgeschälten Rindenstreifen, wird der obere Teil der Pflanze weiterhin mit Wasser versorgt. Die Wasserversorgung geschieht nämlich über das Splintholz, das nach wie vor intakt ist.
Die Stoffwechselprodukte, die in den Blättern gebildet werden, gelangen über eben dieses Kambium, das unterbrochen wurde, in die Wurzel. So kommen auch Hormone von den Blättern “nach unten”, die das Wurzelwachstum anregen. Und die stauen sich jetzt an der oberen Schnittstelle unseres Schnittrings. Und genau da regen sie jetzt die Bildung neuer Wurzeln an. Sobald sich ein ausreichend großer neuer Wurzelballen gebildet hat, wird der obere Teil vollständig abgetrennt und eingepflanzt.
Wie lange dauert das abmoosen?
Wie lange das dauert, kann nicht vorhergesagt werden. Hier muss immer wieder nachgeschaut werden, wie weit die Entwicklung ist. Viele Faktoren sind für die Dauer der Abmoosung entscheidend, vor allem welche Art ich abmoosen will.
Wann fange ich an mit dem Abmoosen?
Meiner Erfahrung nach am besten im Frühjahr, bevor, die Pflanze mit dem Austrieb beginnt. So hat der Baum eine komplette Wachstumsperiode Zeit für die Wurzelbildung. Dauert es bei einer Pflanze länger als eine Vegetationsperiode, sollte sie möglichst frostfrei überwintert werden, soweit das möglich ist.
Welche Arten eignen sich zum abmoosen ?
Ich selbst habe sehr gute Erfahrungen mit Acer Palmatum, Acer Buergeranium, Acer Campestre. Linden funktionieren auch sehr gut. Etwas langwieriger wird die Sache bei Pinus Mugo. Da kann es mitunter 2 Jahre dauern, aber es funktioniert.
Schlechte Erfahrungen habe ich bisher mit Buchen gemacht. Sie haben die Eigenschaft, die Abmoosstelle immer mit sog. Kallusgewebe zu überwallen, statt Wurzeln zu bilden.
Praxis, wie geht man beim abmoosen vor
Nun möchte ich noch eine Abmoosung an einer Winterlinde (Tilia Cordata) zeigen.
Die Linde habe ich als Ballenpflanze bekommen und direkt von diesem Ballen abgemoost, da der Wurzelansatz mehr als unbrauchbar war. Zugegeben ist diese Vorgehensweise etwas forsch, eine Pflanze die gerade ausgegraben wurde gleich abzumoosen.
Ich stehe da auf dem Standpunkt, das die feinen Wurzeln beim ausgraben eh alle beschädigt sind, und die Pflanze komplett neue Wurzeln bilden muss, um sich zu versorgen. Also lasse ich die Wurzeln gleich an der richtigen Stelle wachsen.
Wer hier auf Nummer sicher gehen möchte, wobei das hier natürlich relativ ist, sollte nur gut eingewachsene Bäume abmoosen.
Here we go:
Ober halb des Wurzelballens wird die Rinde um den Stamm entfernt. Hier darauf achten, das wirklich bis zum Kambium abgeschält wird.
In letzter Zeit lege ich dann immer eine Schicht Wurzelfließ auf die alte Wurzel. Das trennt den Teil in dem sich die neuen Wurzeln bilden vom alten Ballen und verhindert, das die feinen neuen Wurzeln nach unten einwachsen. Damit lässt sich dann später die Trennung von der Mutterpflanze leichter und schonender vollziehen. Leider gibt es hiervon kein Foto, aber man sieht das Fließ später auf den Bildern, wo die Pflanze getrennt wird.
Als nächstes fülle ich dann den Topf bis oberhalb einfach mit Substrat auf, in dem Fall Seramis. Mehr nicht, kein Wunderhormon oder japanisches Taufwasser. Das Substrat muss feucht halten, mehr nicht.
Nun heisst es warten, die Lieblingsbeschäftigung, des Bonsaiverrückten. Und natürlich feucht halten.
Allerdings auch nicht zu lange. Der Acer wurde im Mai eingeschnitten und hatte Ende Juli schon ausreichend Wurzeln. Auch bei der Linde hat das nur über den Sommer gedauert.
Wenn man die Möglichkeit hat, also nicht einen Ast von einem Baum abmoost, sollte man die ganze Sachen alle zwei Wochen mal ein Stück drehen, so entwickeln sich die Wurzeln gleichmäßiger rings um die Abmoosstelle.
Und dann wird es spannend, die Pflanze wird abgetrennt.
Das Ergebnis sind flache und radiale Wurzelansätze. Was will der Bonsaifreund mehr.
Mit den neuen Wurzeln muss sehr vorsichtig umgegangen werden. Ich belasse das Substrat, das ich zum abmoosen verwendet habe fast vollständig am Wurzelballen. Nur was durch leichtes schütteln herauskommt wird entfernt. Wenn die Wurzeln nach ein zwei Jahren an Stabilität gewonnen haben, wird der Kernballen wie gewohnt behandelt.
Und dann müssen die neuen Schätze eigentlich nur noch eigetopft werden.
Und hier noch die Linde im nächsten Frühjahr. Man hat ihr die Strapazen angemerkt. Aber im Sommer war sie dann voll da.
Lasst die Pflanzen dann erst einmal ein Jahr durchwachsen. Zwei tun ihnen bestimmt auch nicht weh.